Du willst eine Ausbildung beginnen und von zu Hause ausziehen, beispielsweise weil dein Ausbildungsbetrieb zu weit entfernt ist, um täglich zu pendeln? Oder hast etwas länger für die Berufsorientierung gebrauch und wohnst schon länger nicht mehr bei deinen Eltern? Wie jeder weiß, sind Lehrjahre keine Herrenjahre. Wer kann sich schon von seinem mickrigen Lehrlingsgehalt, Wohnung, Essen, Kleidung, Fahrtkosten leisten? Irgendwann muss auch der größte Sparfuchs kapitulieren und einsehen, dass sich nicht jeder eine angemessene Ausbildung leisten kann. Um das zu verhindern, gibt es in Deutschland staatliche Ausbildungsförderung, die Schülern, Studenten und anderen Azubis finanziell unter die Arme greift. Wer sich für eine duale Ausbildung im Betrieb entschieden hat, kann deshalb unter Umständen BAB (Berufsausbildungsbeihilfe) beim Arbeitsamt beantragen
Außer der Tatsache, dass du Auszubildende/er in einem Betrieb oder Teilnehmer einer überbetrieblichen Ausbildung bist, musst du zusätzlich mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
In jedem Fall wohnst du während der Ausbildung nicht bei deinen Eltern und lernst einen staatlich anerkannten Beruf.
Übrigens:
In der Regel wird nur die erste Ausbildung gefördert. Eine zweite Ausbildung kann gefördert werden, wenn es eine berufliche Eingliederung notwendig macht. Kommst du später auf die Idee nach der Ausbildung studieren zu wollen, kannst du für das Studium BAföG beantragen. Das hat dann nichts mit BAB oder deiner Berufsausbildung zu tun. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist übrigens nicht zwingend erforderlich um BAB zu bekommen.
Schulische Ausbildungen sind grundsätzlich von der BAB ausgeschlossen. Hierfür gibt es Schüler BAföG. Wofür nicht nur ein anderes Amt zuständig ist, sondern auch andere Voraussetzungen gegeben sein müssen. In den meisten Fällen spielt der Wohnort z.B. keine Rolle.
BAB kannst du ebenfalls vergessen, wenn du bereits Leistungen einer anderen Behörde bekommst, die mit der Berufsausbildungsbeihilfe „gleichzusetzen“ sind.
Du benötigst das Antragsformular der Arbeitsagentur und musst dieses ausfüllen. Diesen schickst du zur Arbeitsagentur, wo du deinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt hast. Folgende Unterlagen werden benötigt:
Im Hinblick auf die Antragsstellung ist zu beachten, dass du den Antrag auch stellen solltest, wenn dir noch Unterlagen fehlen. Berufsausbildungsbeihilfe wird nämlich erst ab dem Tag deiner Antragsstellung bezahlt, also eine rückwirkende Bewilligung ist ausgeschlossen. Bei längerer Bearbeitungszeit deines BAB Antrags, wird der Zeitraum bis zum Monat der Antragstellung nachgezahlt.
Dein Einkommen, also die Ausbildungsvergütung, wird voll angerechnet. Das Einkommen deiner Eltern, Ehepartner oder Lebenspartner wird nur unter Berücksichtigung gewisser Freibeträge angerechnet.
Im Falle einer berufsbegleitenden Bildungsmaßnahme wird kein Einkommen angerechnet.
Du hast einen Antrag auf BAB gestellt und eine Ablehnung durch die zuständige Agentur für Arbeit erhalten. Egal aus welchem Grund dir der Bescheid inkorrekt erscheint, leg innerhalb von 30 Tagen nach Ausstellung des Bescheids schriftlich Widerspruch gegen deinen BAB Bescheid ein. Das verpflichtet das Amt deinen Antrag nochmal zu überprüfen und komplett nachzurechnen. Dafür hat das Amt eine eigene Abteilung. Es kontrolliert sich sozusagen selbst, wenn du das beantragst.
Das BAB resultiert aus dem Gesamtbedarf, dem das anzurechnende Einkommen von dir, deinen Eltern bzw. Ehepartner oder Lebenspartner gegenübergestellt wird. Die Höhe des Gesamtbedarfes richtet sich nach unterschiedlichen Faktoren, wie beispielsweise die Höhe deiner Ausbildungsvergütung, Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und der Ausbildungsstätte, Kosten für Arbeitskleidung und dem Bedarf für eine Familienheimfahrt im Monat.
BAB Bedarf
Art | Betrag |
---|---|
Grundbedarf Lebensunterhalt | 398 € |
Unterkunftspauschale | 325 € |
Fahrtkosten (ausbildungsbezogen, z.B. die Kosten deiner Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr) | individuell |
Arbeitskleidung, wenn du diese nicht vom AG zur Verfügung gestellt bekommst | 14 € |
Kinderbetreuungskosten | bis zu 150 € |
Gebühren für Fernunterricht | bis zu 17 € |
Lernmittel | 9 € |
Bedarf für eine Familienheimfahrt im Monat | individuell |
BAB Höchstsatz | 913 € (inklusive Kind ohne individuelle Bedarfe) |
Du kannst dich dabei exemplarisch an folgender Rechnung orientieren (gültig ab 01.08.2020, eine Erhöhung der Freibeträge erfolgt zum 01.08.2021:
Gehen wir mal von einer unverheirateten volljährigen Person ohne Kind aus:
monatlicher Bedarf für: | Betrag |
---|---|
Lebensunterhalt inkl. Unterkunft | 723 € |
Arbeitskleidung | 14 € |
Fahrten zur Ausbildungsstätte | 45 € |
Familienheimfahrt | 14 € |
Gesamtbedarf | 796 € |
Anzurechnendes Einkommen:
Betrag | Art |
---|---|
450 € | exemplarische Ausbildungsvergütung |
66 € | Freibetrag auf Ausbildungsvergütung |
384 € | anzurechnendes Einkommen |
412 € | verbleibender Bedarf |
2.500 € | Einkommen deiner Eltern |
1.890 € | Freibetrag deiner Eltern |
669 € | weiterer Freibetrag, der gewährt wird, wenn tägliche Pendelfahrten unzumutbar sind |
2.559 € | Freibetrag gesamt |
Der Bedarf für eine Familienheimfahrt im Monat kann nur angesetzt werden, wenn tägliche Fahrten nach Hause zu den Eltern unzumutbar sind. Auch der Freibetrag von 66 Euro auf die Ausbildungsvergütung und der weitere Freibetrag von 669 Euro auf das Einkommen der Eltern kann nur angesetzt werden, wenn eine tägliche Pendelfahrt unzumutbar wären.
In dem oben genannten Beispiel würden dir zusätzlich 412 BAB € zustehen. Das Einkommen deiner Eltern bliebe unberücksichtigt., aufgrund der Freibeträge.
Übrigens prüft das Amt, im Gegensatz zu anderen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit, nicht die Angemessenheit deiner Wohnung. Du könntest also theoretisch auch eine 180 Quadratmeter große Wohnung nur für dich alleine beziehen.
Wie viel BAB dir voraussichtlich zusteht, kannst du mit dem BAB-Rechner der Bundesagentur für Arbeit ermitteln.
Leider kann es sein, dass der Mietkostenzuschuss nicht ausreicht. Die Mieten, besonders in Großstädten und Ballungsgebieten, sind in den letzten Jahren extrem in die Höhe geschossen. In diesem Fall hast du unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf Wohngeld.
Übrigens führt die Ausübung eines Minijobs mit einem Brutto-Gehalt von bis zu 450 € monatlich nicht zur Kürzung deines BAB-Anspruchs. Insofern wäre es eventuell eine Option ein bisschen Geld zusätzlich dazuzuverdienen.
Was denkst du?